Wanderung durch die Dorfgeschichte


Der Hohendorfer See - eine Bucht in der Peene

Mit Hohendorf, erstmals urkundlich erwähnt im Jahr 1319, verband sich über fast 2 Jahrhunderte bäuerliches Leben und schwedische Geschichte. In zweierlei Hinsicht ist diese Verbindung für die Nachwelt spannend:
Erstens führte der Trauerzug des 1632 in der Schlacht bei Lützen gefallenen Schwedenkönigs durch Hohendorf nach Wolgast.
Zweitens fand 1692-1709 die schwedische Landesaufnahme von Vorpommern statt. Die entstandenen Karten und Beschreibungen dienten als Grundlage der Besteuerung.

Das Besondere aus heutiger Sicht ist: Sie geben detailliert Auskunft über die damaligen Verhältnisse. In 1694, dem Jahr der Vermessung Hohendorfs, lebten hier fünf Bauern, von denen einer das Amt des Dorfschulzen (Bürgermeisters) ausübte. Diese beschäftigten jeweils einen Knecht und eine Magd. Der Viehbestand eines jeden Bauern war bemessen auf sechs Pferde, vier Ochsen, vier Kühe und höchstens 10 Schafe. Ebenso wie die acht ortsansässigen Kossäten (Dorfbewohner, die einen Katen/Kotten hatten und in der sozialen Hierarchie unter den Vollbauern standen) dienten die Bauern an fünf Tagen in der Woche auf dem Ackerhof Pritzier – jedoch konnten sie im Unterschied zu den Kossäten an vier Tagen dazu Vieh gebrauchen.

Missernten, Kriege und die Auswirkungen der Pest charakterisierten im 18. Jahrhundert das Leben im Dorf. Der Aufmarsch auf Wolgast 1712/13 im Zweiten Nordischen Krieg (1700-1721) zwischen Schweden und Russland erfolgte über die alte Wolgaster Landstraße in Hohendorf. Erstaunliches darüber ergab sich aus einem Fund aus den 1950er Jahren: Die an der Erstürmung der Stadt Wolgast beteiligten Kosaken aus Russland waren nicht nur beritten, sondern führten auch Wagen mit sich. Zwei Hufeisen orientalischer Bauweise, zwei Sporen, ein Radverschluss von einem Holzachsenwagen und ein Degenknauf – gefunden in 14 Meter Tiefe bei Bauarbeiten an einer Wasserleitung – lassen dies vermuten. Eine Legende mag es sein, dass Ross, Wagen und Reiter im weichen Boden – noch heute ist allerdings in 16 Meter Tiefe Moorboden vorhanden – versunken sind.

Sowohl der Siebenjährige Krieg (1756-1763) als auch die Zeit der Befreiungskriege (1813-1815), in der Hohendorf unter französischer Besatzung stand, waren bestimmt durch Ausplünderungen und Einquartierungen. Zeugnis dieser Zeit ist ein nach dem folgenschweren Großbrand von 1931 gefundenes Skelett eines französischen Soldaten, welches sich in einem Wohnhaus in der heutigen Peenestraße unter dem Herd befand.

Der Hohendorfer See - eine Bucht in der Peene

Die Zeit nach der Angliederung an den preußischen Staat (1815) war zunächst bestimmt durch die Auswirkungen der Landwirtschaftskrise 1822-1825. In den nachfolgenden Jahren basierte das dörfliche Leben in zunehmendem Maße auf nachfolgend genannten Weichenstellungen:
Erstens: Das Zusammenlegen zersplitterten landwirtschaftlichen Grundbesitzes mittels der Separations-Flurbereinigung war im Jahr 1827 abgeschlossen. Somit war eine Grundlage für eine effektivere Feldwirtschaft geschaffen.
Zweitens: Ein Verbessern der Feldwirtschaft, beispielsweise durch Kleeanbau, und ein Fördern der Viehwirtschaft begann.
Drittens: Dies führte zu zunehmenden Wohlstand, der es ermöglichte eine bessere Schulbildung zu fördern. 1835 wurde das Schulwesen neu geregelt. Für Hohendorf und Zarnitz wurde ein eigener Schulverband gegründet.

Diese Jahre waren jedoch auch durch eine Naturkatastrophe und eine außerordentliche Missernte bestimmt. Anfang April 1837 begruben Schneemassen die Häuser bis an die Dachluken und vernichteten die Frühjahrsbestellung. Bis in den Juni hinein soll noch Schnee gelegen haben, so dass die Felder nicht bestellt werden konnten. Eine Kartoffelmissernte, hervorgerufen durch Fadenwürmer, führte im Jahr 1846 ebenso wie der massive und lange Schneefall neun Jahre zuvor zu Hungersnöten.
Neben der Landwirtschaft hatten Fischer – der Hohendorfer See, eine Bucht in der Peene, wurde ab 1855 verpachtet – und Handwerker ihr Auskommen in Hohendorf. Hauptberuflich als Handwerker und nebenberuflich als Bauern waren beispielsweise 1865 zwei Dachdecker, fünf Leinweber, drei Maurer, ein Schneider, ein Schuster, ein Tischler und ein Zimmermann tätig. Diese Tendenzen und das Fertigstellen der Bahnlinie von Züssow nach Wolgast im Jahr 1864 sowie das Einrichten einer Haltestelle in Hohendorf im Jahr 1878, wirkten sich förderlich auf die Entwicklung des Ortes aus.

Auch aus den späten Jahren des 19. Jahrhunderts ist ein Bericht über eine Naturkatastrophe überliefert. Eine Sturmflut in 1872 führte dazu, dass Wassermassen bis an die letzen Häuser der heutigen Peenestraße herankamen. Der Wasserstand war bis zu drei Meter gestiegen. Die Wiesen waren größtenteils überschwemmt. Der mit der Sturmflut einhergehende Orkan verwüstete Gärten und Felder und deckte Dächer ab. Nicht diese verheerenden Auswirkungen hatte die Sturmflut in der Silvesternacht 1904/05, in der der Damm bei Damerow zwischen der Ostsee und dem Achterwasser brach. In Hohendorf war das Wasser bis auf 25 Meter an die Häuser herangekommen.

Eines der ältesten Häuser in der Peenestraße.

 

Ehemalige Schrotmühle

Mit Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich das Gast- und Handwerksgewerbe weiter.
Der Landgasthof der Familie Lotz ist traditionsreich. Hier eröffnete 1910 Friedrich Wöller ein Gasthaus, das er nach Ende des Ersten Weltkrieges, aus dem er als Kriegsinvalide zurückkam, an Wilhelm Baresel verkaufte. Waltraut Baresel und ihr Ehemann Günter Landmann übernahmen die Gastwirtschaft ab dem Jahr 1947.
1928 eröffnete Bäckermeister Erich Kienert seine Backstube, die 1955 von Kurt Pretzer übernommen und bis 1967 geführt wurde. 1931 wurde eine Schrotmühle in Hohendorf gebaut, die heute ein Wohnhaus ist.

In den zurückliegenden 50 Jahren bestimmten primär drei richtungsweise Entscheidungen die Geschichte des Dorfes:
1965/66 wurde ein großes Vorhaben projektiert und umgesetzt: das Eindeichen der Peenewiesen, welches zu verbesserten Bedingungen in der Landwirtschaft führte.
1992 entstand ein Gewerbegebiet als Basis für das Ansiedeln von Gewerbetreibenden.
Ein neues Wohngebiet auf dem Hohendorfer Berg ermöglicht ab 1998 ein Wohnen und Leben in landschaftlich schöner Umgebung.